Nicht selten erzählte ich meinen Klientinnen und Klienten, sie dürfen auf sich acht geben, Pausen sind das A & O und Schlaf ist unheimlich wichtig, damit das Erlebte vom Tag verarbeitet werden kann. Ich predigte: Der Körper benötigt wichtige Nährstoffe, Bewegung an der frischen Luft und ausreichend Zeit zum Regenerieren.
Sehr einleuchtend, bis ich mich eines Tages beim Schreiben meiner Abschlussarbeit über Burnout dabei ertappte, dass ich all diese wertvollen Tipps und Empfehlungen bei mir selbst nicht anwendete und mich mitten auf der Zielgeraden zu eben diesem befand.
Hier kommt mein kleines Geständnis, dass auch ich nicht immer rücksichtsvoll mit mir umgehe.
Folgende Themen findest du in diesem Blogartikel:
Die Abschlussarbeit über Burnout und das 7 Stufenmodell
Mentale Gesundheit, das Thema Burnout sollte es werden.
Die einjährige Ayurveda-Fortbildung geleitet von Dr. Alina Hübecker war beendet und für die Spezialisierung zum Thema "Mentale Gesundheit" fehlte nur noch die dazugehörige Abschlussarbeit. Depression oder Burnout waren meine Wahlthemen und ich entschied mich für letzteres.
Genaue Vorgaben wie Seitenanzahl, Schriftgröße, als PowerPoint-Präsentation oder in Form eines Webinars ... es war mir freigestellt zu wählen.
Burnout im Ayurveda, die Entstehung und Behandlung nach der traditionell indischen Heilkunst, darüber wusste ich Bescheid, schließlich war es ein Teil meiner Fortbildung. Doch ich wollte es mit der westlichen Medizin vergleichen und sie gegenüberstellen. Also begann ich zu recherchieren.
In meiner Ausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie waren Erschöpfungssyndrome nur kurz ein Thema, da Burnout hier nicht als dieses diagnostiziert wird. So saß ich also täglich stundenlang am PC, vergaß meine Pausen, verpasste die Zeit zum Essen und lass Bücher über das Burnout-Syndrom. Ich fand wertvolle Informationen über Symptome, Ursachen, Differenzialdiagnosen, Therapiemöglichkeiten. Erfuhr etwas über besonders gefährdete Berufsgruppen, über Mikronährstoffangel und Definitionsversuche der psychischen und körperlichen Erschöpfung.
Beim Niederschreiben des Verlaufs entschied ich mich für das 7 Stufenmodell des Psychologen Matthias Burish. Es gibt auch Phasenmodelle mit nur 3, 9 oder 12 Phasen, je nach Autor, ich wählte die 7:
Stufe 1 - Warnsymptome der Anfangsphase (überhöhter Energieeinsatz, nach der Arbeit nicht mehr abschalten können, ...) ... OK, kannte ich
Stufe 2 - Reduziertes Engagement (im Job z.B. mit Kunden; die Familie leidet) ... Kannte ich auch - nicht die Klienten litten, aber für die Familie war ich schwer erreichbar
Stufe 3 - Emotionale Reaktion (Stimmungsschwankungen, Aggressionen, Zynismus, Streit mit Kollegen oder dem Vorgesetzten) ... Hmmm ... ich war sehr schnell gereizt in dieser Zeit. Keine Wunder ... wenig Schlaf, kaum Regeneration, es gab Tage, da war ich nicht einmal an der frischen Luft ... Zynismus kannte ich sehr gut aus meiner Zeit als Angestellte
Stufe 4 - Motivations- und Leistungsabbau ... keine Zeit für die Morgenroutine, für den Sport, der sonst meinem Rücken so guttat, ...
Stufe 5 - Verflachung des emotionalen, sozialen und geistigen Lebens (Freunde ziehen sich zurück) ... in der Tat, traf ich mich nur noch sehr selten mit Freunden. Selbständig hieß ja auch "selbst und ständig (ein furchtbarer Glaubenssatz zu dieser Zeit)
Stufe 6 - Psychosomatische Reaktionen (Schlafstörungen, Verdauungsbeschwerden, …) ... ja, hatte ich ... und das als Gesundheits-Coachin!
... Und hier machte es Klick. Autsch, das saß! Da war sie, die Erkenntnis, wie tief ich selber schon im Prozess war.
Zur Vollständigkeit hier noch Stufe 7:
Stufe 7 -Verzweiflung (aus der Hilflosigkeit wird eine chronische Hoffnungslosigkeit bis hin zu Selbstmordgedanken)
Wie es so weit kam - Ursachenfindung
"Nur wer brennt, kann Ausbrennen."
Seit 2019 hatte ich mich durchweg beruflich fortgebildet. Erst die Ayurveda-Lifestyle-Coach-Ausbildung, gefolgt von der Ausbildung zur psychologischen Ayurveda-Beraterin, die Fortbildung von Alina Hübecker, für die ich mich zertifizieren wollte und die "Burnout"-Abschlussarbeit schrieb, hinzu kam die Heilpraktiker-Ausbildung (HPPsych) und nebenbei absolvierte ich zahlreiche Businesskurse zum Aufbau meiner Selbständigkeit. Ich habe mich bewusst für all das entschieden.
Doch da war und ist auch die Gefahr des Ausbrennens. Gerade bei Tätigkeiten, bei denen viel Leidenschaft "brennt", ist es einfach, die eigenen Bedürfnisse zu vergessen. Freunde wurden vertröstet ... ich müsse ja lernen. Ups, es ist schon 23 Uhr und ich saß immer noch am PC und tippte. "Kommst du mit einkaufen?", fragte mein Partner ... "nein, keine Zeit, ich muss schreiben, coachen, ... dies und das" lautete oft meine Antwort.
Neben all dem Lernen, der Arbeit mit meinen Klienten, denen ich ans Herz legte auf sich zu achten, vergaß ich selber auf meinen Körper zu hören.
Resultat: Stress, und zwar über Jahre! Verlust der Kreativität, wenig Schlaf, Rückenschmerzen, schlechte Haut, viel zu viel Kaffee, ...
Für mich war diese Erkenntnis, dass ich bereits an Stufe 6 angekommen war, so wertvoll. Denn solche Phasen waren mir nicht unbekannt. Ein Jahr zuvor schrieb ich die Abschlussarbeit für meine Coaching-Ausbildung. Mindestens 12 Seiten waren gewünscht, fast 70 hatte ich geschrieben.
In meiner Festanstellung machte ich viele Überstunden, da die Arbeit ja fertig werden musste. Auf Dienstreisen kamen teilweise 14-16 Stunden pro Tag aufs Arbeitszeitkonto. Es gibt viele Beispiele, die ich noch aufführen könnte.
Aber woher kommt es?
Schon als Kind war ich sehr ehrgeizig. Irgendwann hörte ich zum ersten Mal den Begriff "Innere Antreiber" und natürlich habe ich über die Jahre auch erkannt, welche meine sind und wo sie ihren Ursprung haben.
Doch ich hatte sie vergessen.
Und da war sie, die Erinnerung: auch ich als Coachin für mentale Gesundheit, mit all meiner Expertise über Stressmanagement, gesunder Lebensführung, Ernährung, Schlafhygiene und das Wissen um die Wichtigkeit von Pausen und Achtsamkeit, bin nicht davor sicher, ebenfalls an einer körperlichen und seelischen Erschöpfung zu erkranken.
Was bedeutet das für meine Zukunft?
Als Unternehmerin, Coachin und zukünftige Heilpraktikerin für Psychotherapie darf ich mich jeden Tag daran erinnern, wie wichtig Selbstfürsorge ist.
Auch wenn es eine Tätigkeit ist, die mir Freude bereitet und bei der ich die Zeit vergesse, MUSS ich auf meine Bedürfnisse achten.
Mittlerweile stelle ich mir einen Wecker zum Schreiben von Texten. Denn auch hier beim Bloggen könnte ich stundenlang weiter tippen. Aber wann hätte ich dann Zeit für meine Klienten?
Meine Morgenroutine ist unverhandelbar und mindestens an einem Tag in der Woche lasse ich meinen PC geschlossen.
Ich bin meine stärkste Kritikerin und darf mich jeden Tag daran erinnern, dass mein langjähriger Bekannter, der Perfektionismus unerreichbar ist.
In diesem Sinn pass auf dich auf und bleib schön gesund - deine Karina
Buchtipp:
Burisch, M. (2014). Das Burnout-Syndrom. Theorie der inneren Erschöpfung – Zahlreiche Fallbeispiele – Hilfen zur Selbsthilfe (5. Aufl.). Springer-Verlag